Themen: Kampf um Horno
Die alte Ortlage Horno (sorbisch Rogow) 2003. Im Hintergrund der nahende Tagebau Jänschwalde.
Fotograf: Hartmut Rauhut
Der Ausstellungsteil "Kampf um Horno" zeigt Geschichte und Formen des Widerstands, den das kleine niederlausitzer Dorf Horno (sorbisch Rogow) gegen seine Abbaggerung und Umsiedlung etwa 15 Jahre lang – letztlich vergeblich - führte, und der es weithin bekannt machte.
Eine Multimediapräsentation, Texttafeln und Ausstellungsinszenierungen dokumentieren mit vielen Fotos, privaten Filmen, Fernsehbeiträgen, Archivdokumenten und Interviews mit den Hauptakteuren die Etappen, Argumente, Entscheidungen und vielfältigen Protestformen, die den Konflikt um Horno charakterisiert haben:
-Wie gingen die Hornoer in der DDR mit der bereits drohenden Umsiedlung um?
-Welche besonderen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen spielten im Konflikt eine Rolle?
-Um welche Streitpunkte ging es den Konfliktparteien, wie wurde argumentiert?
-Welche Bündnispartner unterstützten die Hornoer?
-Wie sahen die vielfältigen Protest- und Widerstandsformen aus?
-Warum spielte die Tatsache, dass es sich bei Horno um ein deutsch-sorbisches Dorf handelte, eine besondere Rolle?
-Warum musste für die Umsiedlung Hornos erst ein eigenes Gesetz geschaffen werden?
-Wie wirkten sich der langjährige Widerstand und das beständige Näherrücken des Tagebaus auf die Bewohner aus?
Flugblatt der ersten Demo am Hornoer Berg.
Fotograf: AVO
Überblick des Konflikts
Der Altort "Horno" befand sich bis zu seiner Devastierung 2004 etwa im Dreieck zwischen den Städten Cottbus, Guben und Forst in der Brandenburgischen Niederlausitz. Horno lag somit im äußersten Zipfel des sorbischen Siedlungsgebiets, gleichzeitig aber auch mitten im Abbaugebiet des Tagebau Jänschwalde.
Bereits 1977 wurden die Bewohner Hornos mit Plänen einer - in der DDR für die Betroffenen praktisch alternativlosen - Abbaggerung ihres Ortes und Umsiedlung konfrontiert.
Erst mit dem politischen Umbruch 1989 eröffneten sich demokratische Möglichkeiten und Spielräume des zivilen Widerstands, mit denen sich die Gemeinde gegen Abbaggerung und Umsiedlung zu wehren begann.
Die politische Wende 1989 ermöglichte den Hornoern neue Protestmöglichkeiten. 3000 Teilnehmer kamen zu der 1. Demo am Hornoer Berg im Februar 1990.
Fotograf: Sven Zuber
Getragen von großem Optimismus und ausgehend von Großdemonstrationen, der Gründung einer Bürgerinitiative, Hilfegesuchen an politische Entscheidungsträger und vieles mehr versuchten die Hornoer zunächst, politische Mehrheiten für den Erhalt des Ortes zu gewinnen. Ziel war es, das Dorf aus der Tagebauplanung auszuklammern, um die Umsiedlung auf diesem Wege abzuwenden. Als dies scheiterte, schlug die Gemeinde den juristischen Klageweg ein.
In der Auseinandersetzung um Horno zeigte sich bald, dass es nicht allein um die Existenzfrage eines Dorfes ging. Der Konflikt führte Anfang der 1990er Jahre zu einer öffentlichen und politischen Grundsatzdebatte. Dabei ging es im Kern um die Frage, welche Rolle die Braunkohle in der künftigen Energiepolitik des Landes Brandenburg spielen sollte.
Pro und Contra Horno. Der Streit um die Abbaggerung Hornos wurde auch in den Medien ausgetragen. Diskussionsrunde bei der ORB-Sendung " Vor Ort" im Februar 1995 in Horno. (v.l.n.r.): H.Konzack, Vorsitzender des Sorbenrats; E.Schröter, Mitglied des Europaparlaments; B.Siegert, Bürgermeister Horno; M. Platzeck, Umweltminister Brandenburg; Dr.K.Häge, Vorstandsmitglied LAUBAG.
Fotograf: Archiv Nowy Casnik
Horno erhielt in seinem Widerstand von vielen Seiten große Solidarität. Zusammen mit seinen Bündnispartnern gelang es Horno immer wieder, mit z.T. originellen Protestaktionen auf seine Situation aufmerksam zu machen.
Die Auseinandersetzung um Horno polarisierte aber auch die Öffentlichkeit. Für die Sympathisanten Hornos wurde das Dorf schnell zum Symbol konsequenten Widerstands gegen übermächtig scheinende politische und ökonomische Interessen. Gegner Hornos warfen der Gemeinde vor, sich gegen strukturpolitische Erfordernisse zu stellen und damit Arbeitsplätze in der ohnehin wirtschaftlich schwachen Lausitz aufs Spiel zu setzen.
Anhörung zum Braunkohlengrundlagengesetz im Potsdamer Landtag am 23.4.1997. Am Redepult Hornos Bürgermeister Bernd Siegert. Im Hintergrund der damalige brandenburgische Umweltminister Matthias Platzeck.
Fotograf: Archiv Nowy Casnik
Um Horno schließlich abbaggern zu können, musste erst ein eigenes Gesetz geschaffen werden,
das sog. "Braunkohlengrundlagengesetz" von 1997. Das Gesetz führte zu einer heftigen politischen Debatte, da Horno im sorbischen Siedlungsgebiet lag, das per Landesverfassung geschützt war. So jedenfalls sahen es die Sorben, die durch ihren Dachverband, die Domowina, Verfassungsklage einreichten. Daher musste das Landesverfassungsgericht die Frage entscheiden, ob sich die Abbaggerung Hornos überhaupt mit der Landesverfassung vereinbaren lässt.
Ende des Konflikts
Eine letzte Chance sahen die Hornoer Ende des Jahres 2000, als der Betreiber des immer näher rückenden Tagebaus, die Lausitzer Braunkohle AG (LAUBAG), vom schwedischen Konzern Vattenfall AB übernommen wurde. Der Kampf um Horno verlagerte sich für kurze Zeit nach Schweden.
Zwischen 2002 und 2004 entstand in Forst (Lausitz) der neue Standort für die Hornoer. Horno erhielt den Status eines eigenständigen Ortsteils.
Fotograf: Hartmut Rauhut
Dennoch scheiterten schließlich alle Bemühungen die drohende Umsiedlung abzuwenden. Als auch keine Aussicht auf erfolgreiche Klagen mehr bestand, beugte sich Horno unfreiwillig der Umsiedlung.
70% der Hornoer Einwohner siedelten 2003-2004 an den neuen Standort in Forst (Lausitz). Einige Familien siedelten gemeinsam nach Peitz.
Ein älteres Hornoer Ehepaar klagte hartnäckig gegen Grundstücksverkauf und Enteignung und verblieb im mittlerweile völlig zerstörten Horno. Als die Eheleute Ende 2005 schließlich einem juristischen Vergleich zustimmten und umsiedelten, war der Kampf um Horno endgültig beendet.
Leben an der Tagebaugrube: Ein Ehepaar wehrte sich hartnäckig gegen Grundstücksverkauf und Enteignung und verblieb bis Ende 2005 im bereits devastierten Horno.
Fotograf: Michael Helbig
Vor der Devastierung Hornos wurde unter Federführung des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege ein mehrjähriges, interdisziplinäres Forschungs- und Dokumentationsprojekt zur Kulturgeschichte des Dorfes durchgeführt. Damit erfolgte für Brandenburg die bislang umfassendste Dokumentation eines Dorfes, das dem Braunkohlenbergbau weichen musste.